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Qualifiziertes Nachrangdarlehen als Kapitalanlage
Passives Einkommen durch Investitionen in Fonds oder andere Kapitalanlagen – eine beliebte Möglichkeit für Personen, ihr privates Vermögen zu steigern. Immer wieder zeichnen die Anleger dabei sogenannte qualifizierte Nachrangdarlehen. Oft sind sie sich allerdings der Risiken nicht bewusst. Die verlockenden Renditen führen dazu, dass sie die Investition schneller eingehen als sie vielleicht sollten.
In diesem Artikel erfahren Sie, was qualifizierte Nachrangdarlehen sind und welche Risiken sie mit sich bringen. Außerdem erhalten Sie Tipps, was Sie tun können, um die Risiken zu minimieren.
Inhalte des Artikels
Qualifizierte Nachrangdarlehen als Kapitalanlage?
Qualifizierte Nachrangdarlehen ähneln auf den ersten Blick normalen Krediten, weil auch hier die Rückzahlungen über einen festen Zeitraum verzinst zurückgezahlt werden. Doch solch nachrangige Darlehen gehören zum Grauen Kapitalmarkt. Unternehmen, die entsprechende Investitionsmöglichkeiten anbieten, benötigen keine Erlaubnis der BaFin. Allerdings muss ersichtlich sein, dass mit dem qualifizierten Nachrang die Bedingung der Rückzahlbarkeit der angenommenen Gelder einhergeht.
Die qualifizierten Nachrangdarlehen dienen dazu, ein Unternehmen vor einer möglichen Insolvenz zu retten. Denn die Anleger eines solchen Darlehens erhalten nur eine Befriedigung, wenn das Unternehmen weder überschuldet noch zahlungsunfähig ist bzw. dadurch werden würde.
Was vielen Anlegern nicht klar ist: Sie übernehmen mit der Anlage eine unternehmerische Finanzierungsverantwortung. Demnach muss der Darlehensnehmer besonders dann, wenn sich das Unternehmen in einer wirtschaftlichen Schieflage befindet, seine Investition im Unternehmen lassen. Nachrangige Darlehen sind also eine unternehmerische Beteiligung mit dem Risiko eines Totalverlustes.
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CDR Legal in Presse & Medien:
Beispiel einer Klausel für qualifizierte Nachrangdarlehen
In den gezeichneten Verträgen befinden sich entsprechende Klauseln für qualifizierte Nachrangdarlehen. Ein Beispiel aus dem Nachrangdarlehen Hanseatisches Fußball Kontor Invest GmbH:
„Im Falle der Insolvenz oder Liquidation der Emittentin (HFK) tritt der Anspruch des Darlehensgebers auf Rückzahlung des Darlehens bzw. Zahlung der Zinsen im Range hinter die Forderung sämtlicher anderer nicht nachrangiger Gläubiger des Unternehmens zurück. Überdies ist der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens und / oder Zahlung von Zinsen solange und soweit ausgeschlossen, wie die Rückzahlung und / oder Zahlung von Zinsen einen Insolvenzeröffnungsgrund – (drohende) Zahlungsunfähigkeit und / oder Überschuldung – herbeiführen würde.“
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
Bei Kapitalanlagen im „Massengeschäft“ werden solche Klauseln als allgemeine Geschäftsbedingungen eingestuft. Sie unterliegen daher der gerichtlichen Prüfung und können unter Umständen für unwirksam erklärt werden. Ein Beispiel für die rechtliche Beurteilung von qualifizierten Nachrangdarlehen in allgemeinen Geschäftsbedingungen ist das BGH-Urteil vom 06.12.2018 IX ZR 143/17.
Danach gilt, wenn der Nachrang eines Darlehens auch schon vor der Insolvenzeröffnung greifen soll, muss der Vertrag dies entsprechend deutlich hervorbringen. Ist dies nicht der Fall, bedeutet dies für den Anleger eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB
Die Vereinbarung über ein qualifiziertes Nachrangdarlehen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nur dann ausreichend ersichtlich, wenn auf
- die Rangtiefe
- die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre und ihre Dauer
- sowie die Erstreckung auf die Zinsen
klar und unmissverständlich hingewiesen wird.
Ist die Nachrangklausel unwirksam, handelt es sich um ein Darlehen mit Fremdkapitalcharakter. Der Anleger ist wie jeder andere Gläubiger zu behandeln.
Rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung der Klausel
Wichtig ist eine grundsätzliche Unterscheidung von Nachrangdarlehen und qualifizierten Nachrangdarlehen.
Ein „einfaches“ Nachrangdarlehen greift, sobald sich ein Unternehmen in der Insolvenz befindet. Anleger eines Nachrangdarlehens erhalten erst dann etwas aus der Insolvenzmasse, wenn alle anderen Gläubiger bereits befriedigt wurden. Oft ist an dieser Stelle nur noch wenig vom investierten Vermögen zu retten. Ist noch kein Insolvenzverfahren eröffnet, darf der Gläubiger sein Geld bei Fälligkeit zurückverlangen. Allerdings handelt es sich in diesen Fällen um ein nach § 32 Absatz 1 Kreditwesengesetz erlaubnispflichtiges Bankgeschäft. Ist das nicht gewünscht, bleibt nur die Möglichkeit eines qualifizierten Nachrangdarlehens, bei dem eine insolvenzverhindernde Qualifikation ergänzt wird.
Qualifizierte Nachrangdarlehen setzen schon früher an. Ziel dieser Nachrangklauseln ist es, die Insolvenz von Vornherein zu vermeiden. Dazu vereinbaren die Parteien, dass der Darlehensgeber bereits dann keine Zahlungen mehr erhält, wenn die Rückzahlung die Insolvenz des Unternehmens herbeiführt.
Daran anknüpfend gibt es eine weitere Klausel. Wäre es dem Unternehmen möglich, die Rückzahlung nebst Zinsen im Folgejahr tätigen zu können und es käme dadurch nicht zu einer Insolvenz, dann kann die Zahlung aufgeschoben werden.
Crowdinvesting durch nachrangige Darlehen
Weil bei qualifizierten Nachrangdarlehen die gesetzlich vorgeschriebene Erstellung eines teuren und zeitaufwendigen Emissionsprospektes keine Pflicht ist, solange das Kapital unter sechs Millionen Euro beträgt, werden sie gerne von Crowdfunding-Plattformen als bankenunabhängiges Finanzierungsinstrument genutzt.
Diese hybride Finanzierungsform stellt eine unternehmerische Risikobeteiligung dar. Sie wird besonders gern von Start-ups genutzt, die sich mit qualifizierten Nachrangdarlehen viel Zeit verschaffen, bevor sie das Geld zurückzahlen müssen.
Doch was passiert, wenn das Unternehmen seine Forderungen nicht mehr bedienen kann? Sollten die Geschäfte nicht mehr weitergeführt werden können, wird in der Regel ein Insolvenzverfahren eröffnet und die Vermögenswerte werden an die Gläubiger in dieser Reihenfolge verteilt:
- Banken
- unbesicherte Verbindlichkeiten
- Nachrangdarlehen
- Eigenkapital
Nachrangigkeit bedeutet also, dass Anleger mit einem nachrangigen Darlehen erst dann an der Reihe sind, wenn die Gläubiger der höheren Rangstufen komplett befriedigt wurden. Erst wenn alle Fremdkapitalgeber ihren Anteil erhalten haben, werden die Nachrang-Darlehensnehmer berücksichtigt.
Hier ist also Vorsicht geboten. Das Vermögensanlagengesetz verbietet beim Crowdinvesting alle Maßnahmen, die den qualifizierten Nachrang-Charakter der Vermögensanlage umgehen. Das Kapital kann also nur dann zurückgezahlt werden, wenn das Geld dafür vorhanden ist. Im Insolvenzfall sieht es hier schlecht aus.
Was sollten Anleger qualifizierter Nachrangdarlehen tun?
Bereits im Vorhinein sollten interessierte Anleger die zu zeichnenden Verträge genauestens überprüfen. Achten Sie im Vorhinein auf Klauseln von qualifizierten Nachrangdarlehen, denn dadurch unterscheidet sich eine solche Kapitalanlage maßgeblich von einem herkömmlichen Darlehen, zumal keine (verwertbaren) Sicherheiten verlangt werden. Besonders aufmerksam sollten Sie werden, wenn die Investition äußerst hohe Renditen verspricht. Mit hohen Gewinnen kommen häufig auch hohe Risiken im Insolvenzfall.
Einen Totalverlust von Kapital kann es natürlich auch bei anderen Investitionsformen geben. Bei qualifizierten Nachrangdarlehen jedoch greifen die gläubigerschützenden Regelungen der Insolvenzordnung nicht, was die Forderungen rechtlich entwertet. Dieses Risiko kann man mit entsprechenden Vereinbarungen abmildern, jedoch bedarf es hier entsprechender rechtlicher Kenntnisse, die nur wenige Darlehensnehmer haben.
Darüber hinaus gibt es bei nachrangigen Darlehen weitere Besonderheiten. Der Darlehensnehmer hat weder Stimm-, Teilnahme-, Rede-, Antrags- und Anfechtungsrecht in Gesellschafterversammlungen noch ist er an etwaigen Verlusten des Unternehmens beteiligt. Seine vertraglichen Rechte und Pflichten können zudem an Dritte abgetreten werden.
Haben Sie bereits ein qualifizierte Nachrangdarlehen, womöglich mit einem Unternehmen in wirtschaftlicher Schieflage, gezeichnet, wenden Sie sich an eine Kanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht. Es gilt zu prüfen, ob Sie sich von dem Vertrag lösen können. Ggf. haben Sie auch einen Schadensersatzanspruch wegen Falschberatung gegen Ihren Anlagevermittler. Dieser muss Sie nämlich im Vorfeld umfassend über die Risiken der Anlage aufklären.
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RA Corinna D. Ruppel (LL.M.) berät und begleitet Sie im Bankrecht, im Erbrecht, im Kapitalmarktrecht und im Insolvenzrecht. Rechtsanwältin Ruppel ist Spezialistin im Prüfen, Durchsetzen und Abwehren von Forderungen. Seit 2013 ist Frau Ruppel Inhaberin der Kanzlei CDR Legal und hat bereits über 9.000 Erstberatungen erteilt und mehr als 2.000 Mandanten vertreten.