Juristische Personen wie GmbHs oder Aktiengesellschaften (AG) handeln nicht selbst – sie benötigen natürliche Personen als Organe, z. B. Geschäftsführer oder Vorstände. Doch was ist, wenn Verantwortliche Rechtsverstöße begehen oder Dritte schädigen? Können die betroffenen Gesellschaften selbst haftbar gemacht werden?

Das neue BGH-Urteil zeigt auf: Unternehmen sind nun gefordert, ihre internen Kontrollsysteme zu überprüfen und sicherzustellen, dass ihre Organe rechtskonform handeln, um Haftungsrisiken zu vermeiden. 

Wie sind die rechtliche Grundlagen der Organhaftung?

Zentrales Haftungsfundament für die Zurechnung von Organverhalten an juristische Personen ist § 31 BGB. Nach dieser Vorschrift haftet eine juristische Person, wenn ein verfassungsmäßig berufener Vertreter (also ein Organ) in Ausführung seiner Tätigkeit einem Dritten einen Schaden zufügt.

Im Ergebnis bedeutet dies: Das schuldhafte Verhalten des Organs wird der juristischen Person wie eigenes Handeln zugerechnet. Anders als bei der reinen Vertreterhaftung im Bürgerlichen Recht (§§ 164 ff. BGB), geht es hier nicht um eine reine Vertretungsfrage – sondern um eigene Haftung der Gesellschaft.

Voraussetzungen sind u. a.:

  • Es handelt sich um ein verfassungsmäßig berufenes Organ (z. B. Geschäftsführer, Vorstand),
  • die Handlung erfolgt in Ausübung der Tätigkeit,
  • es liegt eine schuldhafte, rechtswidrige Pflichtverletzung vor (z. B. § 823 oder § 826 BGB),
  • ein Dritter erleidet einen ersatzfähigen Schaden.

Erweiterung auf faktische Organe

Auch sogenannte faktische Organe können unter die Haftung des § 31 BGB fallen. Dies sind Personen, die ohne formelle Bestellung die Funktion eines Organs übernehmen (z. B. ein Gesellschafter, der faktisch die Geschäftsführung ausübt). Die Rechtsprechung stellt dabei auf das „Gesamterscheinungsbild“ des Auftretens ab – auch dies wurde in jüngster Zeit durch den BGH konkretisiert. 

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Worum ging es bei dem Urteil?

Eine Unternehmensgruppe im Finanzdienstleistungsbereich warb Anleger mit hohen Renditeversprechen für ein Geschäftsmodell mit Policen, also Lebens- und Rentenversicherungsverträge, die angeblich am Zweitmarkt gewinnbringend verwertet werden sollten. In Wahrheit wurden die Rückflüsse an Altanleger aus den Geldern neuer Investoren finanziert. Als der Zustrom neuer Anleger versiegte, brach das System zusammen – wie es bei einem Schneeballsystem üblich ist.

Der verantwortliche Geschäftsführer agierte dabei als Organ mehrerer Gesellschaften gleichzeitig. Er strukturierte interne Verträge zwischen den Gesellschaften, um Provisionsflüsse zu erzeugen – ebenfalls ohne realwirtschaftlichen Hintergrund. Das auf diese Art und Weise geschaffene Schneeballsystem scheiterte und über das Vermögen der hiesigen Gesellschaft wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.

Was hat das BGH in seinem Urteil entschieden?

Der BGH stellte klar, dass die Gesellschaft nach § 31 BGB für das sittenwidrige Verhalten ihres Organs haftet. Entscheidend war:

  • Der Geschäftsführer handelte in Ausübung seiner Organstellung,
  • das gesamte Geschäftsmodell war auf Täuschung und Schädigung der Anleger angelegt,
  • die Gesellschaft hatte von den Mitteln profitiert (z. B. durch Provisionszuflüsse).

Besonders hervorzuheben: Der BGH dehnte die Haftung auf mehrere Gesellschaften aus, da das Organ identisch war. Mehrere Gesellschaften haften daher gesamtschuldnerisch, wenn sie durch dasselbe Organ vertreten wurden und von dessen unerlaubter Handlung profitierten.

Warum ist das Urteil so relevant?

Das neue Urteil zeigt, dass Gesellschaften nicht nur passiv in Anspruch genommen werden können. Sondern sie müssen prüfen, wenn ihre Organe rechtswidrig handeln.

Darüber hinaus reicht die Organstellung allein für die Zurechnung, selbst bei faktischer Steuerung.

Bei Unternehmensgruppen und Konzernen mit Organpersonalunion besteht ein erhöhtes Haftungsrisiko. Dieser Haftung sollten sich Unternehmen und Führungskräfte bewusst sein. 

Was bedeutet das für Anleger?

Dieses Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen und ihre Führungskräfte. Sie verantworten nun eine erhöhte Sorgfaltspflicht und müssen sicherstellen, dass ihre Organe keine betrügerischen Systeme betreiben oder unterstützen. 

Für Anleger bedeutet das, dass sie auch einen direkten Anspruch gegen das Unternehmen geltend machen können. 

So kann CDR Legal Ihnen helfen

Mit dem neuen BGH Urteil steht fest: Unternehmer und Gesellschaften müssen sich der Haftung ihrer Organe bewusst sein und potenzielle Haftungsrisiken minimieren. Als Kanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht stehen wir Ihnen bei Fragen zur Haftung und ihren rechtlichen Ansprüchen zur Verfügung.