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Familienheim geerbt: Unzumutbarkeit der Selbstnutzung
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Wenn ein Haus oder eine Wohnung vererbt wird, droht oft eine spürbare Erbschaftsteuer. Für das „Familienheim“ gibt es aber eine besonders wichtige Ausnahme: Unter bestimmten Voraussetzungen ist das Erbe von der Steuer befreit. Problematisch wird es dann, wenn der Erbende das Familienheim nicht (mehr) selbst nutzen kann – etwa aus gesundheitlichen Gründen. Genau hier hat der Bundesfinanzhof (BFH) klargestellt: Die Steuerbefreiung fällt nicht automatisch weg, wenn die Selbstnutzung objektiv unzumutbar ist.
Sie möchten Ihre individuelle Situation mit uns besprechen oder benötigen Unterstützung dabei, Ihre Erbrechte durchzusetzen? In unserem kostenfreien Erstgespräch klären wir Ihre offenen Fragen und geben Ihnen einen Ausblick auf das weitere Vorgehen.
Inhalte des Artikels
Das Wichtigste in Kürze
- Die 10-Jahres-Selbstnutzung des geerbten Familienheims ist der Normalfall für die Steuerbefreiung. Ein früherer Auszug führt grundsätzlich zum rückwirkenden Wegfall der Begünstigung.
- Ausnahme: Kein Wegfall, wenn der Erbe aus zwingenden Gründen nicht mehr selbst nutzen kann.
- „Zwingende Gründe“ sind nach dem BFH nicht nur Unmöglichkeit, sondern auch objektive Unzumutbarkeit der Selbstnutzung.
- Wer sich auf Unzumutbarkeit beruft, muss sie belegen (meist durch fachärztliche Stellungnahmen/Gutachten). Die Unterstützung eines Anwalts hilft dabei, die Rechte durchzusetzen.
Worum geht es bei der Selbstnutzung?
Die Vorschriften zum Familienheim (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b und 4c ErbStG) knüpfen die Begünstigung an ein klares Ziel: Das geerbte Zuhause soll als Familien-Lebensraum erhalten bleiben. Deshalb verlangt das Gesetz, dass der Erbe einzieht und anschließend weiter dort wohnt.
Für den Fall, dass die Selbstnutzung innerhalb von zehn Jahren endet, enthält das Gesetz einen „Nachversteuerungstatbestand“: Die Begünstigung fällt rückwirkend weg – es sei denn, es liegen zwingende Gründe vor.
Lange Zeit wurde diskutiert, ob „zwingend“ nur Fälle meint, in denen Selbstnutzung praktisch unmöglich ist – etwa bei schwerster Pflegebedürftigkeit. Einige Finanzgerichte wollten zusätzlich verlangen, dass der Erbe überhaupt keinen eigenen Haushalt mehr führen kann.
Das ist ein sehr strenger Ansatz – und für Betroffene oft lebensfremd: Viele können grundsätzlich noch wohnen, aber nicht mehr in diesem Haus.
Diese Rückausnahme ist bewusst eng formuliert. Denn Steuerbefreiungen sollen nach ständiger Rechtsprechung nicht beliebig ausgedehnt werden. Gleichzeitig soll niemand gezwungen sein, unter untragbaren Umständen im Familienheim zu bleiben. Genau hier setzt das BFH-Urteil II R 1/21 an.
Was besagt der BFH?
Der BFH hat diese Streitfrage in seinem Urteil vom 01.12.2021 (II R 1/21) entschieden. Der Kerngedanke:
- Zwingende Gründe beziehen sich nur auf das geerbte Familienheim.
Es zählt also nicht, ob Sie theoretisch anderswo noch einen Haushalt führen könnten. Maßgeblich ist allein, ob es Ihnen in diesem Haus objektiv nicht mehr möglich oder nicht mehr zumutbar ist. - „Zwingend“ umfasst Unzumutbarkeit – nicht nur Unmöglichkeit.
Der BFH sagt ausdrücklich: Zwingende Gründe liegen vor, wenn Selbstnutzung objektiv unmöglich oder objektiv unzumutbar geworden ist. - Reine Zweckmäßigkeitsgründe reichen nicht.
„Zu groß“, „zu teuer“, „lieber in die Stadt“, „passt nicht zu meinem Leben“ – all das ist nachvollziehbar, aber rechtlich nicht „zwingend“. Denn das wären freie Lebensentscheidungen.
Der Fall hinter dem Urteil
Im konkreten Verfahren hatte die Ehefrau das Familienheim zunächst bewohnt, zog dann aber aus und verkaufte es. Sie machte eine schwere depressive Erkrankung geltend, deren Verschlimmerung gerade mit dem Wohnen im früheren gemeinsamen Zuhause zusammenhing. Der BFH sagte: Das kann ein zwingender Grund sein – wenn die Krankheit und ihre Auswirkungen objektiv nachgewiesen sind.
Was bedeutet „objektive Unzumutbarkeit“ für Sie?
„Unzumutbarkeit“ klingt weich, ist juristisch aber ein strenger Maßstab. Entscheidend sind dafür drei Punkte:
a) Es muss ein gewichtiger Grund sein
Eine bloße Belastung oder Trauer genügt in der Regel nicht. Das Gesetz will nur echte Zwangslagen schützen. Gesundheitsgründe kommen insbesondere dann in Betracht, wenn das Wohnen im Familienheim eine ernsthafte Gefährdung oder eine medizinisch relevante Verschlechterung auslöst.
b) Der Grund muss objektiv feststellbar sein
Der BFH verlangt eine Betrachtung „von außen“: Nicht, was sich subjektiv schlimm anfühlt, sondern was nachvollziehbar belegt ist. In der Praxis laufen solche Fälle fast immer über fachärztliche Atteste oder Gutachten.
c) Der Grund muss gerade dieses Haus betreffen
Das ist der vielleicht wichtigste Punkt: Sie müssen erklären können, warum es genau hier unzumutbar ist – etwa weil das Haus mit dem Tod des Partners oder einem Trauma so verknüpft ist, dass ein Verbleib krankheitsrelevant nicht mehr möglich ist.
Eher „zwingend“ (jeweils mit ärztlichem Nachweis) kann somit beispielsweise sein:
- schwere körperliche Einschränkungen, die ein selbständiges Leben in dieser Immobilie unmöglich machen (z. B. nicht mehr barrierefrei beherrschbar)
- psychische Erkrankungen/Traumafolgen, bei denen das Wohnen im Familienheim medizinisch nachweislich schädlich ist
Nicht ausreichend sind dahingehend folgende Gründe:
- wirtschaftliche Motive oder bessere Verwertungsmöglichkeiten
- der Wunsch nach einem kleineren Objekt oder Ortswechsel
- allgemeine Überforderung ohne objektiven Krankheitsbezug
Was sollten Erben jetzt konkret tun?
Wenn ein Auszug aus gesundheitlichen oder ähnlich schwerwiegenden Gründen im Raum steht:
- Dokumentieren Sie frühzeitig.
Arztberichte, Diagnosen, Therapieverläufe, ggf. Stellungnahmen zur konkreten Wohnsituation. Je früher Sie alles vollständig dokumentieren, desto besser. - Achten Sie auf die Reihenfolge.
Die BFH-Ausnahme schützt nur Fälle, in denen das Familienheim zunächst tatsächlich selbst genutzt wurde. Wer gar nicht erst einzieht, kann sich später nicht auf Unzumutbarkeit berufen. Verspätete Anzeigen nach § 30 ErbStG, unklare Dokumentation von Gesundheitszuständen oder fehlende Gutachten zur Barrierefreiheit sind zudem Gründe, warum die Steuerbefreiung oft versagt wird. Ebenso problematisch sind Bewertungsfehler nach BewG, wenn Zustand, Nutzungseinschränkungen oder bauliche Risiken nicht einfließen. Achten Sie daher auf die Fristen und auf eine vollständige Dokumentation Ihrer Situation. - Lassen Sie die Argumentation rechtlich prüfen, bevor Sie verkaufen oder ausziehen.
Denn der Streit entsteht meist erst Jahre später – wenn das Finanzamt rückwirkend nachversteuern will. Pflichtteilsberechtigte können Bewertungsansätze aktiv überprüfen lassen, insbesondere wenn der Immobilienwert steuerlich unzutreffend erfasst wurde. Vor allem, wenn Miterben oder Testamentsvollstrecker unvollständige Unterlagen vorlegen, kann Ihnen die Durchsetzung von Auskunfts- und Bewertungsrechten einen Vorteil verschaffen.
So unterstützt Sie CDR Legal
Wer ein Familienheim erbt, kennt die Grundregel: Damit die Immobilie als „Familienheim“ steuerlich begünstigt bleibt, muss der Erbe sie zunächst selbst bewohnen und grundsätzlich zehn Jahre lang als Lebensmittelpunkt nutzen. Was aber, wenn genau das nicht mehr geht – weil das Wohnen in diesem Haus schlicht nicht mehr zumutbar ist?
In unserem kostenfreien Erstgespräch unterstützen wir Sie bei der Klärung Ihrer Fragen und besprechen das weitere juristische Vorgehen mit Ihnen, um Ihre Rechte als Erbe durchzusetzen.
RA Corinna D. Ruppel (LL.M.) berät und begleitet Sie im Bankrecht, im Erbrecht und im Kapitalmarktrecht. Rechtsanwältin Ruppel ist Spezialistin im Prüfen, Durchsetzen und Abwehren von Forderungen. Seit 2013 ist Frau Ruppel Inhaberin der Kanzlei CDR Legal und hat bereits über 9.000 Erstberatungen erteilt und mehr als 2.000 Mandanten vertreten.
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