Wenn ein naher Angehöriger verstirbt, stehen emotionale Belastungen im Vordergrund. Doch zeitgleich gibt es auch zahlreiche rechtliche und organisatorische Fragen für Sie zu klären. Benötige ich einen Erbschein – und wenn ja, wie beantrage ich ihn? Kann ich einen Erbschein auch anfechten?

Nicht immer ist ein Erbschein zwingend erforderlich, wird aber häufig benötigt, um z.B. Bankgeschäfte im Namen des Verstorbenen ausüben zu können. Um die Ausstellung des Erbscheins kümmert sich das Nachlassgericht ebenso wie um dessen Berichtigung. Als Anwaltskanzlei unterstützen wir Sie in Ihren Erbangelegenheiten und prüfen in einem kostenfreien Erstgespräch Ihre individuelle rechtliche Situation. 

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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Erbschein bestätigt, wer Erbe einer verstorbenen Person ist und gilt als wichtiger Nachweis gegenüber Dritten 
  • Er wird beim zuständigen Nachlassgericht beantragt. Dort kann der Erbschein auch berichtigt, eingezogen oder für kraftlos erklärt werden 
  • In der Praxis ergeben sich häufig rechtliche Fallstricke, so dass eine rechtliche Unterstützung sinnvoll ist

Was ist ein Erbschein?

Der Erbschein ist ein amtliches Dokument, das vom Nachlassgericht (einer Abteilung des Amtsgerichts) ausgestellt wird. Er bestätigt, wer Erbe einer verstorbenen Person ist und welchen Anteil am Nachlass die jeweilige Person erhalten hat. Damit dient er als wichtiger Nachweis gegenüber Dritten – etwa gegenüber Banken, Versicherungen oder dem Grundbuchamt.

Wann benötige ich einen Erbschein?

Nicht immer ist ein Erbschein zwingend erforderlich – insbesondere dann nicht, wenn ein notarielles Testament oder ein notariell beurkundeter Erbvertrag vorliegt. In solchen Fällen akzeptieren viele Banken und Behörden die notarielle Urkunde als Nachweis.

Sie müssen in der Praxis jedoch häufig einen Erbschein vorlegen, z.B:

  • bei Grundbuchänderungen, wenn der Erbe als neuer Eigentümer eingetragen werden soll,
  • bei Bankgeschäften, wenn der Verstorbene keine Konto-Vollmacht hinterlassen hat,
  • bei Streit über die Erbfolge, wenn kein eindeutiges Testament vorliegt,
  • wenn kein Testament existiert und die gesetzliche Erbfolge gilt.

Welche Arten von Erbscheinen gibt es?

Je nach erbrechtlicher Konstellation kommen unterschiedliche Formen des Erbscheins in Betracht:

1. Einfacher Erbschein

Wird nur eine Person Alleinerbe, stellt das Nachlassgericht einen einfachen Erbschein aus. Dieser enthält den Namen des Erben und bestätigt, dass er den gesamten Nachlass übernimmt.

2. Gemeinschaftlicher Erbschein

Besteht eine Erbengemeinschaft, etwa bei mehreren Kindern als gesetzliche Erben, wird ein gemeinschaftlicher Erbschein ausgestellt. Er listet alle Miterben auf und gibt deren jeweilige Erbquote an. Diese Form ist in der Praxis besonders relevant bei Immobilien oder gemeinschaftlichem Vermögen.

3. Teilerbschein

Ein Teilerbschein wird ausgestellt, wenn nur ein einzelner Miterbe einen Nachweis über seine Erbenstellung benötigt. Er enthält lediglich Angaben zur eigenen Erbquote, aber keine Informationen zu den übrigen Erben. Dies kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn innerhalb der Erbengemeinschaft kein Einvernehmen über das weitere Vorgehen besteht.

4. Erbschein mit Testamentsvollstreckungsvermerk

Wenn der Erblasser einen Testamentsvollstrecker bestimmt hat, enthält der Erbschein einen entsprechenden Vermerk. Damit wird dokumentiert, dass der Erbe nicht frei über den Nachlass verfügen kann, solange die Testamentsvollstreckung andauert.

Wie kann ich einen Erbschein beantragen?

Der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins muss beim zuständigen Nachlassgericht gestellt werden – das ist das Amtsgericht am letzten Wohnsitz des Verstorbenen.

Die Beantragung eines Erbscheins gilt regelmäßig als konkludente Annahme der Erbschaft. Nach der Annahme ist eine Ausschlagung ausgeschlossen (§§ 1943 ff. BGB). Prüfen Sie also noch die Situation des Verstorbenen (z. B. wegen Schulden im Nachlass), so sollten Sie keinen Erbscheinsantrag stellen, bevor die Entscheidung zur Annahme/Ausschlagung feststeht.

Die Antragstellung kann entweder persönlich vor dem Nachlassgericht oder über einen Notar oder Anwalt erfolgen. Stellen Sie den Antrag schriftlich, muss die Unterschrift öffentlich beglaubigt werden, z. B. durch einen Notar.

Gericht, Notar oder Rechtsanwalt? – Ein Vergleich

Wie bereits erwähnt: Den Erbschein erteilt immer das Nachlassgericht. Ein Notar kann den Antrag samt eidesstattlicher Versicherung beurkunden und weiterleiten. Ein Rechtsanwalt berät, strukturiert den Fall und übernimmt die Antragstellung/Kommunikation – gerade in komplexen oder streitigen Konstellationen.

Nachlassgericht

Was passiert dort?
Das Gericht nimmt den Erbscheinsantrag entgegen, prüft die Erbfolge und erteilt den Erbschein. Die eidesstattliche Versicherung kann direkt beim Gericht abgenommen werden.

Vorteile:

  • In der Regel die kostengünstigste Variante, weil keine Umsatzsteuer anfällt.
  • Amtsermittlung: Das Gericht kann von Amts wegen nachfordern und aufklären.

Kosten:
Die Kosten für einen Erbschein richten sich nach dem Wert des Nachlasses und sind im Gerichtskostengesetz (GNotKG) geregelt.

Aufwand/Tempo:

  • Termine zur EV abhängig von der Auslastung des Gerichts; mitunter längere Vorläufe.
  • Mehr Eigenarbeit: Unterlagen selbst zusammentragen, Formulare ausfüllen, Nachforderungen im Blick behalten.

Geeignet, wenn …
… die Erbfolge übersichtlich ist, die Unterlagen vollständig vorliegen und Kostenminimierung im Vordergrund steht.

Notar

Was passiert dort?
Der Notar beurkundet den Antrag und die eidesstattliche Versicherung, prüft vorab die Unterlagen und leitet alles formal korrekt an das Nachlassgericht weiter.

Vorteile:

  • Ein Termin, oft zeitnah und ortsnah.
  • Formale Sicherheit: Der Notar achtet auf die richtige Antragstellung, richtige Bezeichnung des Erbscheintyps (z. B. gemeinschaftlicher, Teilerbschein, Erbschein mit Nacherbfolge), vollständige Anlagen etc.
  • Entlastung bei Beschaffung und Strukturierung der Nachweise.

Kosten:
Wertabhängige Notargebühren nach GNotKG – zuzüglich Umsatzsteuer auf die Notargebühr. Die gerichtlichen Gebühren für die Erteilung fallen daneben an, sind aber in der Praxis durch die notarielle Mitwirkung nicht höher.

Aufwand/Tempo:

  • Für Mandanten geringer eigener Aufwand; der Notar organisiert und übermittelt.
  • Häufig schnellerer Start, weil notarielle Termine leichter zu bekommen sind; die Erteilung erfolgt trotzdem beim Gericht.

Geeignet, wenn …
Zeit und Formalien im Vordergrund stehen, der Fall nicht hochstreitig ist und eine komfortable Abwicklung gewünscht wird – trotz etwas höherer Gesamtkosten.

Rechtsanwalt

Was passiert dort?
Der Rechtsanwalt berät inhaltlich, bewertet Risiken (Annahme/Ausschlagung, Anfechtung, Pflichtteil, Erbunwürdigkeit, Auslegung eines Testaments), strukturiert die Beweislage, stellt den Antrag (über Gericht oder in Zusammenarbeit mit einem Notar) und führt die Korrespondenz mit Beteiligten und Gericht.

Vorteile:

  • Rechtliche Strategie bei unklarer/testamentarischer Erbfolge, Vor- und Nacherbschaft, Vermächtnissen, Enterbungen oder Erbengemeinschaften.
  • Konfliktmanagement: Abstimmung mit Miterben, Widersprüchen, Nachlasspflegschaft, Erbenermittlungen.
  • Risikominimierung bei eidesstattlicher Versicherung und Haftungsthemen.

Kosten:
Zusätzlich zu den gerichtlichen/notariellen Gebühren fallen Anwaltsgebühren nach RVG (gegenstandswertabhängig) an; in komplexen Fällen ggf. Vergütungsvereinbarung.

Aufwand/Tempo:

  • Deutlich weniger eigener Aufwand, da der Anwalt „steuert“.
  • Tempo hängt vom Verfahrensgang ab, wird aber durch professionelle Vorbereitung (vollständige, stimmige Unterlagen) oft verbessert.

Geeignet, wenn …
… der Fall komplex oder streitig ist, Haftungs- und Strafbarkeitsrisiken minimiert werden sollen oder gestalterische Fragen (z. B. welcher Erbschein genau benötigt wird) zu klären sind.

Was benötige ich für die Beantragung eines Erbscheins?

Die Pflichtangaben im Antrag (§§ 2354 ff. BGB) ähneln sich – der Belegnachweis unterscheidet sich je nach gesetzlicher oder testamentarischer Erbfolge.

Immer erforderlich sind folgende Angaben:

  • Daten des Erblassers (Name, Geburts-/Sterbedatum, letzter gewöhnlicher Aufenthalt), Sterbeurkunde.
  • Angaben zur Erbfolge (gesetzlich oder aufgrund Verfügung von Todes wegen).
  • Verwandtschaftsverhältnisse/Güterstand (z. B. Zugewinngemeinschaft).
  • Mit- und Vorerben, Erbquoten; Vorerbfälle; Vor- und Nacherbschaft; Vermächtnisse/Testamentsvollstreckung, soweit für den beantragten Erbschein relevant.
  • Erklärungen zu Ausschlagungen, Erbunwürdigkeit, Erbverzicht.
  • Versicherung an Eides statt, dass die Angaben vollständig/richtig sind und keine entgegenstehenden Verfügungen bekannt sind.

Für die gesetzliche Erbfolge werden folgende Nachweise benötigt:

  • Familienstammbuch bzw. Geburts-/Abstammungsurkunden sämtlicher in Betracht kommender gesetzlichen Erben (Kinder/Enkel/Eltern etc.), Heiratsurkunde (bei Ehegatten).
  • Sterbeurkunden vorrangig berufener, bereits vorverstorbener Personen (z. B. vorverstorbene Kinder/Eltern).
  • Ggf. Nachweise über Anerkennung/Anfechtung der Vaterschaft.

Für die testamentarische Erbfolge gelten folgende Nachweise:

  • Original-Testament (bei privatschriftlichem Testament: Ablieferung im Original zur Eröffnung) oder beglaubigte Abschrift eines notariellen Testaments/Erbvertrags mit Eröffnungsprotokoll.
  • Ggf. Auslegungsunterlagen (z. B. Randvermerke, Nachträge), Ausschlagungserklärungen anderer eingesetzter Erben.

Im Erbscheinverfahren werden die gemachten Angaben in aller Regel an Eides statt versichert (§ 2356 BGB). Bewusst falsche Angaben in einer solchen eidesstattlichen Versicherung sind strafbar (§ 156 StGB: Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe). Auch leichtfertige Falschangaben können strafbar sein (§ 161 StGB). In der Praxis drohen zudem Verfahrensnachteile (z. B. Kostenentscheidungen zu Lasten des Antragstellers) und zivilrechtliche Haftungsrisiken.

Sollten Sie bei der Beantragung des Erbscheins unsicher sein (z. B. zu Erbenstellungen, Vorerbfällen, Ausschlagungen), so ist es ratsam, sich vor Abgabe der Versicherung rechtlichen Rat einholen. Das reduziert Strafbarkeits- und Haftungsrisiken deutlich.

Mandantin in einem Erbrechtsfall

Auslandsbezug: Europäisches Nachlasszeugnis (ENZ)

Besteht ein grenzüberschreitender Bezug (z. B. Vermögen/Erben in verschiedenen EU-Staaten), kommt als Nachweis der Erbenstellung neben dem deutschen Erbschein das Europäische Nachlasszeugnis (ENZ) in Betracht. Das ENZ wird in allen EU-Mitgliedstaaten – außer Dänemark und Irland – anerkannt, ohne besonderes Verfahren. Beglaubigte Abschriften sind grundsätzlich sechs Monate gültig.

Das ENZ kann auch für Eintragungen im deutschen Grundbuch als Erbnachweis genügen; Gerichte haben Grundbuchämter zur Akzeptanz des ENZ verpflichtet (je nach Fallkonstellation).

Kann ich einen Erbschein berichtigen?

Wenn sich nach der Ausstellung herausstellt, dass bestimmte Angaben unrichtig waren (z. B. weil ein weiteres Testament gefunden wurde oder ein Erbe doch ausgeschlagen hat), kann der Erbschein berichtigt oder eingezogen werden (§ 2361 BGB).

Das Nachlassgericht wird den Erbschein von Amts wegen oder auf Antrag korrigieren, sobald neue Erkenntnisse vorliegen, die die ursprüngliche Entscheidung infrage stellen.

Ein Erbschein kann eingezogen oder für kraftlos erklärt werden, wenn:

  • er sich als inhaltlich unrichtig herausstellt (z. B. weil ein Erbe gar nicht erbberechtigt ist),
  • spätere Urkunden (z. B. ein gültiges Testament) gefunden werden,
  • er durch arglistige Täuschung oder falsche Angaben erwirkt wurde.

Einen Erbschein anfechten - geht das?

Die Anfechtung richtet sich nicht direkt gegen den Erbschein, sondern gegen die zugrunde liegende Erbfolge – insbesondere gegen Testamente oder Erbverträge (§ 2080 ff. BGB). Typische Gründe für eine Anfechtung sind:

  • Irrtum des Erblassers bei der Testamentserstellung,
  • Täuschung oder Drohung,
  • falsche Annahme über gesetzliche Erbfolge,
  • Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung.
  • falsche Auslegung der Erbfolge durch das Nachlassgericht.

Nach erfolgreicher Anfechtung ändert sich die Erbfolge, und ein neuer Erbschein muss beantragt werden und eventuell eine Klage vor dem zuständigen Gericht eingereicht werden.

Die Frist für die Anfechtung eines Testaments beträgt in der Regel ein Jahr ab dem Zeitpunkt, an dem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat (§ 2082 BGB). Wird diese Frist versäumt, bleibt der bestehende Erbschein in Kraft – selbst wenn er objektiv falsch ist.

So unterstützt Sie CDR Legal beim Erbscheinverfahren

Die Beantragung eines Erbscheins scheint auf den ersten Blick einfach – doch in der Praxis ergeben sich häufig rechtliche Fallstricke, insbesondere bei unklarer Erbfolge, widersprüchlichen Testamenten oder zerstrittenen Erbengemeinschaften.

Gerade bei komplizierten Familienverhältnissen, internationalen Erbfällen oder größeren Vermögen lohnt sich eine juristische Beratung, um teure Fehler und langwierige Verfahren zu vermeiden. Als Anwaltskanzlei unterstützen wir Sie dabei, die Erbfolge rechtssicher zu ermitteln, den Antrag auf einen Erbschein fachgerecht vorzubereiten und alle formellen Anforderungen zu erfüllen. 

Wollen Sie einen Erbschein berichtigen oder anfechten? Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf, wir prüfen Ihre Situation in unserem kostenfreien Erstgespräch und argumentieren anschließend rechtlich fundiert, warum die Erbfolge anders zu bewerten ist. 

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