Der Pflichtteil stellt den gesetzlich garantierten Anspruch am Nachlass dar, der bestimmten nahen Angehörigen selbst dann zusteht, wenn sie durch Testament oder Erbvertrag enterbt wurden. Doch in Ausnahmefällen kann dieser Anspruch durch eine Pflichtteilsentziehung vollständig entfallen.

Wenn Ihnen der Pflichtteil entzogen wurde, sollten Sie sich frühzeitig von einem Anwalt beraten lassen. In unserem kostenfreien Erstgespräch geben wir Ihnen eine Einschätzung Ihrer Situation und besprechen mit Ihnen das weitere Vorgehen und mögliche Alternativen.

  • Eine Enterbung schließt den Pflichtteilsanspruch nicht automatisch aus.
  • Die Pflichtteilsentziehung ist nur möglich nach konkreten gesetzlichen Gründen gemäß § 2333 BGB möglich.
  • Wenn Sie den Pflichtteil entziehen möchten, dann ist das nur wirksam im Testament oder Erbvertrag – mit konkreter Begründung und Nachweisen.
  • Eine frühzeitige anwaltliche Beratung hilft Ihnen, sich gegen die Pflichtteilsentziehung zu wehren.

Was ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteil ist ein Anspruch, der nahen Angehörigen zusteht. Das sind in der Regel Kinder, Ehegatten und (unter bestimmten Umständen) die Eltern des Erblassers. Er beläuft sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils (§ 2303 BGB) und kann nicht vollständig durch ein Testament ausgeschlossen werden – es sei denn, es liegt ein gesetzlich anerkannter Grund für die Pflichtteilsentziehung vor.

Enterbung vs. Pflichtteilsentziehung – Was ist der Unterschied?

Oft wird „Enterbung“ und „Pflichtteilsentziehung“ gleichgesetzt. Dabei besteht zwischen beiden Begriffen ein juristischer und vor allem wirtschaftlich bedeutender Unterschied:  

Eine Enterbung bedeutet, dass eine Person durch ein Testament oder einen Erbvertrag nicht als Erbe eingesetzt wird. Der Enterbte hat in diesem Fall aber weiterhin Anspruch auf den Pflichtteil, sofern er pflichtteilsberechtigt ist.

Die Pflichtteilsentziehung hingegen geht deutlich weiter: Sie bewirkt, dass auch der Pflichtteilsanspruch entfällt – allerdings nur bei Vorliegen eines gesetzlich anerkannten und konkret nachweisbaren Entziehungsgrundes (§ 2333 BGB).

Eine Enterbung ohne Pflichtteilsentziehung führt somit nicht zum vollständigen Ausschluss vom Nachlass. Nur wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, kann der Pflichtteil wirksam entzogen werden.

Ein weiterer Unterschied, die Enterbung kann sich auf einen gesamten Stamm beziehen. Der Entzug des Pflichtteils jedoch immer nur auf die Person, die die Voraussetzungen des § 2333 BGB erfüllt.

Wann ist eine Pflichtteilsentziehung möglich?

Die Pflichtteilsentziehung ist nur unter den engen Voraussetzungen des § 2333 BGB möglich. Die Gründe müssen schwerwiegend sein und konkret vom Erblasser benannt werden:

  • Schwere Straftat gegen den Erblasser oder nahe Angehörige

Hat der Pflichtteilsberechtigte eine schwere vorsätzliche Straftat gegen den Erblasser oder eine diesem nahestehende Person begangen (z. B. Körperverletzung, Bedrohung, Erpressung), kann der Erblasser ihm den Pflichtteil entziehen.

  • Gröbliche Verletzung gesetzlicher Unterhaltspflichten

Wird dem Erblasser in einer Notlage vom Pflichtteilsberechtigten der gesetzlich geschuldete Unterhalt verweigert, kann dies einen Entziehungsgrund darstellen.

  • Verurteilung zu Freiheitsstrafe ab einem Jahr ohne Bewährung

Ist der Pflichtteilsberechtigte wegen eines vorsätzlichen Verbrechens zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt worden und kann dem Erblasser die Aufrechterhaltung der Pflichtteilsberechtigung somit nicht zugemutet werden, liegt ein Entziehungsgrund vor.

  • Beharrliches sittliches Fehlverhalten

Schweres, dauerhaft sittenwidriges Verhalten gegenüber dem Erblasser kann eine Pflichtteilsentziehung rechtfertigen – etwa dauerhafte Demütigungen, Missachtung oder psychischer Druck.

Was bedeutet Verzeihung durch den Erblasser?

Beachten Sie dabei: Selbst wenn ein gesetzlicher Entziehungsgrund vorliegt, kann der Pflichtteil nicht mehr entzogen werden, wenn der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten verziehen hat (§ 2337 BGB). Diese Verzeihung kann auch konkludent erfolgen – etwa durch erneuten Kontakt, finanzielle Unterstützung oder persönliche Annäherung. Im Streitfall liegt die Beweislast beim Erben: Er ist in der Pflicht, nachzuweisen, dass keine Verzeihung stattgefunden hat – was sich in der Praxis oft als schwierig erweist.

Welche Form und Dokumentation der Entziehung ist nötig?

Liegen die gesetzlichen Gründe dafür vor, so muss dies im Testament oder in einem notariellen Erbvertrag erklärt werden. Der Entziehungsgrund ist konkret zu benennen und genau zu beschreiben – inklusive der zugrunde liegenden Sachverhalte, Daten, möglicher Zeugen oder Beweismittel. Allgemeine Aussagen wie „wegen schlechtem Verhalten“ reichen nicht aus. Fehler in der Form oder ungenaue Begründungen führen schnell zur Unwirksamkeit der Entziehung.

Alternativen zur Pflichtteilsentziehung

Da die Voraussetzungen für eine wirksame Pflichtteilsentziehung hoch sind, werden oft alternative erbrechtliche Gestaltungen in Betracht gezogen:

  • Schenkungen zu Lebzeiten
    Frühzeitige Übertragungen von Vermögen (z. B. Immobilien) können nach zehn Jahren aus der Pflichtteilsergänzung herausfallen (§ 2325 BGB).
  • Pflichtteilsverzichtsvertrag
    Ein notariell beurkundeter Vertrag, in dem der Pflichtteilsberechtigte gegen eine Abfindung freiwillig auf seinen Anspruch verzichtet.
  • Pflichtteilsstrafklauseln im Testament
    Eine Pflichtteilsstrafklausel setzt den Pflichtteilsanspruch mit Sanktionen durch (z. B. Enterbung weiterer Erben), um Druck auszuüben.
  • Teilungsanordnungen oder Vermächtnisse
    In der Nachlassgestaltung können Pflichtteilsansprüche gemindert oder die Nachlassverteilung gezielt gesteuert werden.

Die Pflichtteilsentziehung ist rechtlich komplex und kann nur in klar definierten Ausnahmefällen umgesetzt werden. Eine Enterbung allein reicht nicht aus, um pflichtteilsberechtigte Personen vollständig vom Nachlass auszuschließen. Die Entziehung muss sorgfältig dokumentiert, rechtlich fundiert begründet und formgerecht verfügt werden.

Ist Ihnen der Pflichtteil entzogen worden und Sie möchten die rechtliche Grundlage dafür prüfen lassen? Oder denken Sie darüber nach, Ihren Erben den Pflichtteil zu entziehen? Und möchten Ihr Testament entsprechend gestalten? Nehmen Sie frühzeitig eine anwaltliche Beratung in Anspruch, um Ihre persönliche Situation zu klären und die Hürden und Gründe der Pflichtteilsentziehung zu besprechen.

In unserem kostenlosen Erstgespräch können Sie Ihr Anliegen erörtern. Wir geben Ihnen eine kompetente Rechtsberatung zu Ihrem individuellen Fall sowie eine anwaltliche Einschätzung zu Ihren Möglichkeiten. Falls Sie in Ihrer Sache weitere Hilfe in Anspruch nehmen möchten, klären wir Sie über etwaige Anwalts- und Verfahrenskosten frühzeitig auf.

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