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Pflichtteil & Nießbrauch
Der Nießbrauch hat im Erbrecht potenziell bedeutende Folgen für den Pflichtteil. Schließlich kann die Nutzung einer Immobilie oder anderer Vermögenswerte den Wert des Erbes und damit auch den Pflichtteil mindern. Dies liegt daran, dass für die Berechnung des Pflichtteils der Wert des Erbes zum Zeitpunkt des Erbfalls relevant ist. Wenn das Erbe mit einem Nießbrauch belastet ist, wird unter Umständen der Wert des Nießbrauchs vom Wert des Erbes abgezogen, was zu einer Verringerung des Pflichtteils führen kann.
Inhalte des Artikels
Das Wichtigste in Kürze
- Auch wenn ein Erblasser Sie enterbt, haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf einen Pflichtteil des Erbes
- Für die Berechnung des Pflichtteils zählt der Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls
- Nießbrauch und Wohnrecht können einen Einfluss auf den Pflichtteil haben
- Nießbrauch und Wohnrecht sind nicht vererblich, können aber einen Pflichtteilsergänzungsanspruch auslösen
Nießbrauch im Kontext von Erbe und Pflichtteil
Mit dem Nießbrauch kann eine berechtigte Person eine bestimmte Sache nutzen, ohne selbst Eigentümer zu werden. So bildet etwa das Wohnrecht in einem Haus, in einer anderen Immobilie oder auf einem Grundstück vom Erblasser eine entsprechende Zuwendung. Der Nießbrauch ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt, insbesondere in den §§ 1030 ff. BGB. Es handelt sich um ein unveräußerliches und unvererbliches Recht.
Pflichtteilsberechtigte Personen haben im Erbfall einen Anspruch auf die Hälfte des gesetzlichen Erbes (§ 2303 BGB). Auch wenn der Erblasser sie in seinem Testament enterbt hat, können Ehegatten, Eltern und Kinder der verstorbenen Person von ihrem Pflichtteilsrecht Gebrauch machen.
Bei Streitigkeiten im Erbfall kommt häufig die Frage auf, ob sich das Nutzungsrecht auf den Wert des Vermögens und damit auch auf die Höhe des Pflichtteils auswirkt. Schließlich basiert die Berechnung des Pflichtteils auf dem Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls. Genießt etwa eines der Kinder schon seit Jahren das Nutzungsrecht einer Immobilie vom Erblasser, kann es sein, dass dies den Wert der Immobilie gemindert hat (sogenannte Abschmelzung). Somit könnte auch der Pflichtteil geringer ausfallen, da der Nießbrauch unter Umständen vom Wert des Erbes abgezogen wird.
Das Pflichtteilsrecht an sich ist jedoch vom Nießbrauch nicht betroffen. Als pflichtteilsberechtigte Person haben Sie weiterhin einen Anspruch auf Ihren gesetzlichen Anteil, selbst wenn das gesamte Erbe mit einem Nießbrauch belastet ist und der Erblasser Sie enterbt hat. Außerdem kann die Bestellung eines Nießbrauchs unter Umständen zu einem Pflichtteilsergänzungsanspruch führen.
Mindert das Wohnrecht den Pflichtteil im Erbe?
Vermögenswerte, die nicht zum Nachlass gehören, sind grundsätzlich nicht für den Pflichtteil relevant. Da ein Nießbrauch und Wohnrecht nicht vererblich sind, spielen sie somit im ersten Moment für den Pflichtteilsanspruch und dessen Berechnung keine Rolle.
Ein anderer Fall tritt jedoch ein, wenn der Erblasser zu Lebzeiten ein Grundstück oder eine Immobilie an eine Person verschenkt hat, die somit zum Eigentümer wird. Nehmen wir an, dass der Erblasser mit dem beschenkten Sohn vereinbart hat, dass er sich bis zu seinem Tod das Wohnrecht und Nießbrauchrecht vorbehält. Dann handelt es sich um eine Schenkung, die auch außerhalb der 10-Jahresfrist eine Pflichtteilsergänzung hervorrufen kann. Ein Urteil dazu fällte der BGH am 29.06.2016 unter dem Aktenzeichen IV ZR 474/15.
Nießbrauch und der Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB)
§ 2325 BGB sagt aus, dass eine pflichtteilsberechtigte Person einen Anspruch auf eine Pflichtteilergänzung hat, sollte der Erblasser zu Lebzeiten, jedoch in den letzten 10 Jahren vor seinem Tod, Schenkungen oder ähnliche Zuwendungen an andere Personen geleistet haben. Die Höhe dieses Ausgleichs hängt von dem Wert der Schenkungen ab.
In vielen Fällen entscheiden sich Erblasser dazu, Immobilien oder ein Grundstück bereits zu Lebzeiten zu verschenken, um die Pflichtteilsansprüche potenzieller Erben zu reduzieren. Dies geschieht oft durch die Übertragung von Nießbrauchrechten an der Immobilie. Allerdings kann diese Strategie die Frist von 10 Jahren außer Kraft setzen, wodurch die Pflichtteilsergänzungsansprüche anderer Erben bestehen bleiben. Daher ist es nicht möglich, Pflichtteilsansprüche durch Schenkungen mit vereinbartem Nießbrauch zu mindern.
Jedoch gibt es eine Möglichkeit, dieses Problem zu umgehen, indem anstelle eines Nießbrauchs ein Wohnrecht vereinbart wird. Ein solches Wohnrecht beeinflusst nicht die 10-Jahresfrist und ermöglicht es dennoch, die Pflichtteilsansprüche zu mindern. Insbesondere kann ein abgeschwächtes Wohnrecht vereinbart werden, das sich nur auf bestimmte Teile der Immobilie bezieht.
Etwas anders sieht die Sache aus, wenn eine unentgeltliche Überlassung des Wohnraums stattgefunden hat. Hierbei handelt es sich laut einer Entscheidung des BGH nicht um eine Schenkung, sondern eher um eine Leihe nach §§ 598 ff. BGB durch den Erblasser.
Wie wird ein Wohnrecht beim Erbe angerechnet?
Um den Pflichtteil berechnen zu können, muss nach § 2311 BGB der Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls ermittelt werden. Wie das Nießbrauch- und Wohnungsrecht die Berechnung beeinflusst, hängt von dem gegebenen Einzelfall ab. In der Regel findet jedoch bei Schenkungen das Niederstwertprinzip Anwendung:
- Vergleich des Wertes der Immobilie zum Zeitpunkt der Schenkung mit dem Wert der Immobilie zum Zeitpunkt des Erbfalls
- Verwendung des niedrigeren Wertes für die Berechnung der Pflichtteilsergänzung
Ist der Schenkungswert niedriger als zum Zeitpunkt des Erbfalls, wird der Wert des Nießbrauchsrechts vom Pflichtteil abgezogen. Andersherum wird der Wert vom Nießbrauchsrecht nicht abgezogen.
So unterstützt Sie CDR Legal
In der Rechtsprechung ist die Pflichtteilsberechnung bereits ein komplexes Thema. Wenn zusätzlich das Nießbrauchsrecht Gegenstand der Berechnung ist, müssen Sie bei der Berechnung noch weitere Faktoren hinzuziehen. Als Alleinerbe oder Alleinerbin berechnet sich Ihr Pflichtteil anders, als wenn es noch andere Erben gibt.
Wenn Sie Unterstützung bei der Berechnung Ihrer Pflichtteilsansprüche benötigen, können Sie sich an einen erfahrenen Anwalt wenden. Die Kanzlei CDR Legal ist auf Erbrecht spezialisiert und steht Ihnen mit der entsprechenden Expertise zur Seite. Wir helfen Ihnen nicht nur bei der Pflichtteilsberechnung, sondern auch bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche.
RA Corinna D. Ruppel (LL.M.) berät und begleitet Sie im Bankrecht, im Erbrecht, im Kapitalmarktrecht und im Insolvenzrecht. Rechtsanwältin Ruppel ist Spezialistin im Prüfen, Durchsetzen und Abwehren von Forderungen. Seit 2013 ist Frau Ruppel Inhaberin der Kanzlei CDR Legal und hat bereits über 9.000 Erstberatungen erteilt und mehr als 2.000 Mandanten vertreten.