Oft wurden beim Prämiensparen die Zinsen falsch berechnet. Durch die einseitige Anpassung gingen Sparern im Durchschnitt 4.000 Euro verloren. Nun steht fest: Uneindeutige Zins-Klauseln sind unrechtmäßig. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Praxis in vielen Verfahren für rechtswidrig erklärt. Prämiensparer besitzen daher einen Anspruch auf Nachberechnung und Gutschrift der Zinsen. Das Oberlandesgericht (OLG) hat jedoch in einem aktuellen Fall am 13.04.2022 der Berufung der Sparkasse teils stattgegeben.
Bzgl. der Verjährung gilt: Drei Jahre nach dem Ende des Jahres, in dem die Bank den Prämiensparvertrag gekündigt hat, verjährt Ihr Anspruch auf Zins-Nachzahlungen. Ein Vertrag, der Mitte 2018 von der Bank gekündigt wurde, verjährt also Ende 2021.
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Volksbanken und Sparkassen boten Sparern ca. zwischen 1990 und 2010 Prämiensparverträge an, mit einem variablen Zins und einem Bonus. Die Bezeichnungen hierfür waren vielfältig. Bei den Volksbanken war es z.B. der „Bonusplan“, bei den Sparkassen „Prämiensparen flexibel“ oder „Vorsorgesparen“.
Die Formulierung der Zinsklausel variierte von Bank zu Bank und liest sich z. B. wie folgt:
Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit .. % p.a. verzinst.
Der Bonus baute sich über die Jahre auf, mit einer maximalen Prämienstufe meist nach 15 Jahren.
In Zeiten der Niedrigzinsphase sind das für die Banken teure Verträge. Folglich versuchen sie die Verträge zu kündigen und den Sparer mit möglichst niedrigen Zinsen abzufinden.
Die Verbraucherzentrale Sachsen sah dieses Vorgehen als rechtswidrig an. Sie nahm daher den Vertrag der Stadt- und Kreissparkasse Leipzig zum Anlass und strengte eine Musterfeststellungsklage vor dem OLG Dresden (Urteil vom 22.03.2020, 5 MK 1/19) an. Das OLG Dresden stimmte den Verbraucherschützern, unter Leitung des Rechtsexperten Michael Hummel, zu.
Daraufhin legte die unterlegene Sparkasse beim Bundesgerichtshof Revision ein. Am 6.10.2021 wurde verhandelt.
Hier sind eine Reihe der bekannteren Prämiensparprodukte von Banken:
Bank | Produktname |
---|---|
Volks- und Raiffeisenbank | VRZukunft |
Volks- und Raiffeisenbank | Volks- und Raiffeisenbank |
Sparkasse | Vorsorgesparen |
Sparkasse | Vermögensplan |
Sparkasse | Prämiensparen flexibel |
Sparkasse | Vorsorgeplan |
Sparkasse | Scala |
Sparkasse | VorsorgePlus |
Der BGH, unter dem vorsitzenden Richter Jürgen Ellenberger, hatte nicht einfach zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die Klausel in den Prämiensparverträgen wirksam ist oder nicht. Dazu hatte es schon längst entschieden und Kläger und Beklagte waren sich einig, die Klausel ist nicht wirksam. Er sollte entscheiden, welche Klausel stattdessen gilt.
Fallen in einem Vertrag Klauseln weg, so sieht das Gesetz eine ergänzende Vertragsauslegung vor. Etwas schwammig heißt es hier, dass das beiderseits Gewollte zu ermitteln und den Interessen beider Seiten Rechnung zu tragen ist. Natürlich führt dies zu einer Reihe von Streitigkeiten und folgende Fragen waren zu klären:
Der Referenzzins für langfristige Spareinlagen weist einen höheren Zinssatz auf als der für kurzfristige Spareinlagen. Selbstverständlich präferierte die Verbraucherzentrale den langfristigen und die Sparkassen den kurzfristigen Referenzzins.
Im Rahmen der Musterklage scheute das OLG Dresden eine verbindliche Aussage. Es ließ anklingen, dass es auf den individuellen Einzelfall ankäme. Heißt, es wäre bei jedem einzelnen Sparer durch ein teures Sachverständigengutachten der Zins zu ermitteln. Sparer ohne Rechtsschutz scheuen diesen Weg natürlich.
Auf dem ersten Blick ist nicht klar, worum es hier geht. Es ist aber eine für den Verbraucher in Zeiten von Niedrigzinsen extrem wichtige Frage. Dies soll anhand eines Beispiels erläutert werden:
Beträgt der anfänglich Vertragszins 4 % und der Referenzzins 8 %, so ist der absolute Abstand 4, der relative 50 %. Beträgt der Referenzzins in 2020 4 %, so bekommt der Sparer bei einem absoluten Abstand 0 Zinsen und bei einem relativen 2 %.
Es erklärt sich von selbst, welche Partei welche Auslegung befürwortet.
Auch hier gibt es zwei Ansatzpunkte.
Entweder die Verjährung beginnt mit Kündigung des Prämiensparvertrages. In der Folge hat der Sparer Anspruch auf Nachberechnung über die gesamte Spardauer.
Oder die Verjährung beginnt mit der jährlichen Zinsgutschrift. Bei einer dreijährigen Regelverjährung könnte der Sparer lediglich die Nachberechnung der letzten drei Jahre verlangen. Damit wäre sein Anspruch auf Nachberechnung faktisch verfallen.
Der BGH hat zu allen drei Fragen eindeutig zu Gunsten der Verbraucher Stellung genommen.
Der BGH verweist darauf, dass die Prämiensparverträge gerade durch die Bonusklausel auf langfristiges Sparen ausgelegt sind. Deshalb ist ein Referenzzins für langfristiges Sparen interessengerecht.
Über die konkrete Zinskurve muss nunmehr noch einmal das OLG Dresden entscheiden.
Der anfängliche relative Abstand ist beizubehalten. Nur so kann laut Bundesgerichtshof erreicht werden, dass günstige Zinskonditionen günstig und ungünstige Zinskonditionen ungünstig bleiben.
Die Verjährung beginnt mit Beendigung des Prämiensparvertrages. Die Zinsen verjähren mit dem Anspruch auf Auszahlung des angesparten Kapitals. Das gilt auch für die Nachberechnung.
Das Oberlandesgericht Dresden hat nunmehr eine erste Indikation für eine mögliche Zinskurve gegeben.
Es hat in einem Rechtsstreit der Sparkasse festgelegt, dass die veröffentlichte Zinsreihe der Ist-Zinssätze des Kapitalmarktes für börsennotierte Bundeswertpapiere mit 8 bis 15-jähriger Restlaufzeit gelten soll.
Laut dem OLG kommen die Zinswerte der Deutschen Bundesbank der typisierten Sparzeit von 15 Jahren sehr nahe. Zudem beruhen die Werte auf einer jahrelangen Grundlage und sie gleichen Ausreißereffekte aus.
Ob diese Zinskurve auch in dem vom BGH zurückgewiesenen Verfahren zur Anwendung findet, bleibt abzuwarten.
Ihre Volksbank oder Sparkasse ist zur Nachberechnung über die gesamte Laufzeit verpflichtet. Daran lässt das Urteil des Bundesgerichtshofs keinen Zweifel. Offen ist nach wie vor, welche konkrete Zinskurve zu Grunde zu legen ist. Hier wird es sicherlich immer noch Auseinandersetzungen geben. Aber klar ist, es muss eine Zinskurve für langfristige Sparverträge sein.
Mit dem Einwand der Verjährung und der relativen/absoluten Zinsanpassung müssen Sie sich aber nicht mehr auseinandersetzen.
Sollten Sie Hilfe bei der Geltendmachung Ihrer Rechte benötigen, so unterstützt Sie die Kanzlei CDR-Legal Rechtsanwalts GmbH gerne. Die Kanzlei vertritt bereits Prämiensparer und weist entsprechende Expertise auf. Gerne können wir im Rahmen eines kostenlosen Erstgesprächs Ihre Möglichkeiten und Rechte besprechen.
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Prämiensparen – auch „Bonussparen“ genannt – bezeichnet verzinstes Sparen mit zusätzlichen Prämien. Wie hoch die Prämien sind, hängt davon ab, wie schnell der Sparer im Vertrag geregelte Meilensteine erreicht. Prämiensparen ist also eine Art „Sparbuch Aktiv“.
Ein Prämiensparvertrag ist eine Mischung aus Sparbuch und Sparplan. Am Jahresende zahlt die Bank zwei Zinsen aus. Der Basiszins ist variabel und wird von der Bank festgelegt. Für den Prämienzins ist im Prämiensparvertrag eine Staffelung geregelt.
Der Prämiensparvertrag enthält in der Regel zwei Zinsen. Der variable Jahreszins wird im Vertrag meist „Basiszins“ genannt. Der gestaffelte Zins wird als „Prämienzins“ bezeichnet. Im Prämiensparvertrag sind demnach „Basis-“ und „Prämienzins“ zu unterscheiden.
Zur Berechnung wird ein Referenzzins z.B. von der Bundesbank herangezogen. Diesem müssen die variablen Zinsen folgen. Sie müssen also ebenso stark angehoben werden, wenn dieser steigt und ebenso stark sinken, wenn dieser fällt. Sind im Vertrag andere Regelungen getroffen, um die Zinsen zu berechnen, könnten diese rechtswidrig sein.
Die Verbraucherzentralen rechnen im Durchschnitt mit 4.000 Euro, die betroffene Prämiensparer an Geld zurück erhalten. In schwerwiegenden Fällen sind bereits Ansprüche von bis zu 80.000 Euro errechnet worden.